Liebe, Sex und Zärtlichkeit

Diese Worte haben viele von uns durch unsere ersten Pubertätsjahre begleitet. Man schlug die Dr. Sommer Seiten in der Bravo auf, las sich die Fragen von den vielen besorgten Jugendlichen durch und war zu Beginn nicht weniger besorgt. „So viele verrückte Sachen beunruhigen die Menschen? Und das nur wegen der Sexualität?“ Einen sexuell unerfahrenen Jung-Teeni konnte schnell vieles verunsichern. Das Lesen der Antworten vom Dr. Sommer wirkte, das junge Alter vorausgesetzt, beruhigend auf uns. „Okay, für alles gibt es eine Lösung. Da bin ich mal beruhigt.“ Man fühlte sich auf einmal weniger anormal. Und bemerkte, dass man nicht alleine mit seinem Pubertätskummer war. Es gab einem das Gefühl, etwas weniger vom anderen Stern zu sein. Man bemerkte, dass die seltsamen Veränderungen, die in einem abgingen, eher normal waren.

Jetzt, wo Dr. Sommer gestorben ist, dachte ich mir ich könnte mal wieder in die Liebe, Sex und Zärtlichkeit eintauchen. Und Dank der Internets musste ich mir nicht wie früher eine Bravo kaufen.

Es war schon befremdlich doch auch, sagen wir mal, interessant durch die aus heranwachsenden Sicht emotional aufwühlenden Anliegen zu scrollen: „So haben Schwule Sex“ „Meine Mutter ist gegen die Pille – Wäre ein Kondom sicher genug?“ „Wie groß sollte ein Hoden sein? Und wie groß im Verhältnis dazu der Penis?“ „Ich möchte endlich Sex haben! Wie soll er damit umgehen?“

Es gab so einige Fragen. Widmen wir uns mal dieser hier:

„Jonas, 15: Seit ich in der Pubertät bin, hab ich irgendwie den totalen Drang, Sex zu haben. Ich masturbiere deshalb ständig und wünsche mir immer, dass ich endlich meinen ersten Sex erleben kann. Was soll ich tun?“ (bravo.de, 2012).

Und hier die Antwort des Dr. Sommer Teams:

„Lieber Jonas,

viele Jugendliche haben beginnend mit der Pubertät ein deutlich spürbares Verlangen nach schönen, sexuellen Gefühlen. Jungen meist noch stärker als Mädchen [...]“ (bravo.de, 2012)

Gut und hier verlassen wir auch schon die Antwort. Dies ist nämlich eine zu einfache Pauschalisierung und außerdem wird hier der Mensch wieder in Rollentypen gesteckt. Es muss nicht sein, dass Jungen dieses Verlangen mehr verspüren als Mädchen. Jungen werden jedoch von der Gesellschaft dazu erzogen, ihre Sexualität und/oder ihr Geschlecht  in fast jedes Thema einzugbringen. Sexuell gesehen könnten Männer und Frauen eigentlich nicht so unterschiedlich sein. Frauen verspüren auch ein starkes Verlangen. Sie erfahren jedoch eine andere sexuelle Sozialisation im Laufe ihres Lebens. Sie müssen und sollen sich eher verdeckt halten. Dadurch erfahren Frauen schon von klein auf eine Unterdrückung in ihrer Entfaltung. Dabei spielt die ganze Gesellschaft mit. Es gibt viele Gründe, warum dies so ist. Man kann kaum alle aufzählen: Der Patriarchismus, die Frau, die sich der Führung des Mannes unterordnet, die Unfähigkeit der Gesellschaft außerhalb von Rollentypen zu denken.

Das Dr. Sommerteam versucht auf pseudoliberale Weise junge Menschen zu erziehen. Dabei folgt sie aber ausgelutschten Rollenmodellen, ohne dabei aber wirklich etwas zu verändern. Vielleicht sollte das gute Jahreszeitenteam dem kleinen Jonas und allen, die das Lesen, ob Junge oder Mädchen, mal erklären, dass er nicht nur als Mann so empfindet. Jungen UND Mädchen empfinden dieses Verlangen. Und das muss auch so sein. Nur Jungen sexuelles Verlangen zuzuschreiben, ist schlichtweg falsch und unterstützt nur die Sicht, dass Frauen sexuell desinteressiert sind. Dies unterstützt es auch bei den Frauen selbst. Männer haben den Vorteil, dass sie keine Scheu haben, herauszufinden, worauf sie stehen und worauf nicht. Die Mehrheit der Frauen geht diesen Weg zu selten und weiß oft nicht, was sie sexuell anmacht. Dabei sollte es genauso okay für eine Frau sein, Ihren sexuellen Weg zu finden.

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